Der erste bundesweite Bürgerrat Klima, der von der Hamburger Klimawoche unterstützt wird, hat heute im Beisein des Schirmherrn Horst Köhler (Bundespräsident a. D.) die Empfehlungen der Bürgerräte präsentiert. Die rund 80 wegweisenden Empfehlungen für die deutsche Klimapolitik in den Bereichen Mobilität, Gebäude und Wärme, Ernährung und Energie wurden von 160 zufällig ausgelosten Bürgerinnen und Bürgern in mehr als 50 Sitzungsstunden zwischen dem 26. April und 23. Juni erarbeitet.
Nun wurden die Ergebnisse präsentiert – mit dem klaren Auftrag an die Politik, das 1,5-Grad-Ziel weiter zu verfolgen, um „den Erhalt der Lebensgrundlagen aller Menschen sicherzustellen“. Zu allen Leitsätzen und Empfehlungen, die von den Bürgerinnen und Bürgern in den verschiedenen Handlungsfeldern erarbeitet wurden, finden sich jeweils mit dem Hinweis, mit wieviel Prozent die Empfehlung vom gesamten Bürgerrat angenommen wurden.
76 von 77 Empfehlungen wurden angenommen, nur eine Empfehlung wurde nicht angenommen, weil sie weniger als 50 Prozent Zustimmung erzielt hatte. 64 Prozent der Empfehlungen wurden mit mehr als 90 Prozent Zustimmung angenommen, im Durchschnitt lag die Zustimmung bei 90 Prozent. Die Wahlbeteiligung unter den 160 ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern lag bei 99 Prozent.
„Das 1,5-Grad-Ziel hat oberste Priorität. Klimaschutz ist Menschenrecht und muss ins Grundgesetz aufgenommen werden. Jedes neue Gesetz ist auf seine Klimaschutzwirkung zu überprüfen“ – so startet das ambitionierte Empfehlungsschreiben des Bürger*innen Rat Klima. Alle Empfehlungen können hier eingesehen werden. Die Empfehlungen des Bürgerrat Klima werden mit Unterstützung des wissenschaftlichen Kuratoriums in einem Bürgergutachten festgehalten und allen Parteien im Bundestag übergeben.
„Für mich sendet der Bürgerrat eine starke Botschaft: Unterschätzt die Bürgerinnen und Bürger nicht – ihre Veränderungsbereitschaft und auch ihre Bereitschaft, mitzumachen bei der Suche nach Wegen aus der Klimakrise. Es gibt Lösungen und um diese Lösungen gilt es jetzt zu ringen. Damit ist der Bürgerrat zugleich ein Zeichen gegen Mutlosigkeit, Resignation und Zweifel an der Fähigkeit der Demokratie, Krisen zu überwinden“, sagt Bundespräsident a. D. Horst Köhler.
Prof. Dr. Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung: „Der Bürgerrat Klima hat an Politik und Öffentlichkeit ein klares Signal gegeben. Zum ersten Mal hat ein repräsentativer Bürgerrat mit wissenschaftlicher Unterstützung ein unabhängiges Votum für Maßnahmen zu mehr Klimaschutz erarbeitet. Die beschlossenen Empfehlungen zeigen, dass Bürgerinnen und Bürger in erheblichem Umfang bereit sind, mehr für den Klimaschutz zu leisten, als ihnen in der politischen Diskussion oft zugetraut wird. Wichtig war dabei die intensive und kritische Auseinandersetzung des Bürgerrats und seiner Arbeitsgruppen mit den Informationen und Daten, welche aus Wissenschaft, Fachpraxis und Politik zur Verfügung gestellt worden waren. Die jetzt beschlossenen Empfehlungen sind eine ausgezeichnete Grundlage für künftige Klimapolitik in Deutschland. Sie sollten von der Politik als Auftrag verstanden werden.“
Zwei der 160 Teilnehmenden kommentieren ihre Beteiligung stellvertretend für den Bürgerrat Klima.
Mareike Menneckemeyer (37) aus Schwarzenbruck in Bayern: „Es geht nicht mehr darum, ob wir etwas tun, sondern darum, was wir tun und wie wir schnell am meisten erreichen – und das indem wir möglichst Viele mitnehmen. Mir war vor allem die soziale Frage wichtig. Es gibt in diesem Land Menschen, die ernähren sich am Ende des Monats nur noch von Nudeln und Toast, weil es finanziell für mehr nicht reicht. Und die dürfen nicht die Verlierer der Klimapolitik werden. Mit dem, was wir hier geleistet haben kann ich zu meinen Kindern sagen: Wir haben mit diesem Bürgerrat wirklich etwas Großes erarbeitet.“
Adnan Arslan (32) aus Velbert in Nordrhein-Westfalen: „Ich war zu Beginn sehr skeptisch. Was sollten 160 Leute schon ausrichten können, warum sollte sich jemand für meine Meinung interessieren? Und dann habe ich gemerkt, dass das allen so ging. Der Bürgerrat hat wirklich die gesamte Gesellschaft abgebildet. Ich selbst habe einen Migrationshintergrund und bin stolz, als Teil dieser Gesellschaft mitmachen und Entscheidungen hinsichtlich der Zukunft mit beeinflussen zu können. Der Politik möchten wir mit den Empfehlungen auch ein Zeichen geben, nämlich, dass wir bereit sind mitzuziehen, dass unsere Ideen, die Ideen der normalen Bürger, wertvoller seien können als man glaubt.“
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